Wie lasse ich am besten meine Schildkröte überwintern?
Spätestens ab November bis frühestens März fallen die europäischen beziehungsweise mediterranen Landschildkröten in ihre jährliche Winterstarre. Ihre Aktivität lässt im Herbst von Tag zu Tag mehr nach, die Tiere wirken träge und müde. Und schließlich fallen die Schildkröten in eine Art Winterschlaf. Jetzt ist es wichtig, den wechselwarmen Reptilien ein perfektes Quartier zu geben, in dem sie ruhen und ihre Kräfte fürs nächste Jahr schonen können. Wir geben Ihnen die besten Tipps, wie Sie Ihre Schildkröte überwintern lassen, damit sie im Frühjahr wieder putzmunter aufwacht.
Warum fallen Schildkröten überhaupt in die Winterstarre?
Europäische Landschildkröten überbrücken mit der Winterstarre die Kälteperiode. Denn ist die Umgebung zu kalt, erreichen sie nicht ihre „Wohlfühltemperatur“ von 35-37 Grad. Außerdem finden sie zumindest in ihrem natürlichen Lebensraum dann nicht mehr ausreichend Nahrung. Die niedrigen Temperaturen während der Starre werden auch als Kältestarre bezeichnet.
Da dieser Vorgang ganz natürlich ist und er der Schildkröte beim Überwintern quasi in den Genen liegt, sollten auch Tiere, die zu Hause gehalten werden, die Möglichkeit zur Winterruhe bekommen. Das gilt selbst für mehr oder weniger frisch geschlüpfte Schildkröten. Denn gerade für Jungtiere ist die Starre wichtig. Sie wachsen besonders rasch, und ohne die nötige Ruhephase können sie schneller erkranken.
Haben Schildkröten keine Möglichkeit, in die Winterstarre zu fallen, wird das Hormonsystem gestört. Das wiederum bringt den gesamten Biorhythmus durcheinander und beeinträchtigt das Immunsystem.
Winterstarre oder Winterschlaf – was ist der Unterschied?
Auch bei Schildkröten wird oft der Begriff Winterschlaf genutzt. Genau genommen ist das jedoch nicht ganz richtig.
- Winterschlaf halten Tiere, die ihre Körpertemperatur selbst regeln können. Fledermäuse, Hamster und Murmeltiere beispielsweise senken ihre Körpertemperatur und alle Körperfunktion ab und leben während eines tiefen Schlafes von ihren angefressenen Fettreserven.
- Winterruhe wird ebenfalls von Tieren gehalten, die ihre Temperatur mehr oder weniger selbst regeln können. Im Gegensatz zum Winterschlaf aber bleiben zum Beispiel Eichhörnchen, Dachse oder Braunbären auch während der Ruhephase aktiv. Ihre Körpertemperatur senkt sich nur soweit ab, dass sie dennoch jederzeit beispielsweise auf Nahrungssuche gehen können.
- Winterstarre betrifft Reptilien und auch Amphibien. Sie sind wechselwarm und haben keine Möglichkeit, ihre nötige Körperwärme selbst zu erzeugen. Ihr Körper passt sich der Temperatur der Umgebung an. Erst wenn es wieder wärmer wird, erwachen auch Schildkröten deshalb quasi zu neuem Leben.
Muss die Schildkröte überwintern, steht ihr Innerstes Kopf
Sinken die Temperaturen unter 20 Grad, legen die Enzyme, die für die Verdauung zuständig sind, nach und nach ihre Arbeit nieder. Deshalb fressen Schildkröten immer weniger, je kälter es wird. Oft stellen sie die Nahrungsaufnahme sogar komplett ein und entleeren öfter ihren Darm.
Wird es kälter als 7 Grad, setzt bei den Tieren die Winterstarre ein. Der Stoffwechsel ist nur noch zu einem Minimum aktiv und hilft so der Schildkröte zu überwintern. Bei einer Körpertemperatur von etwa 5 Grad schlägt das Herz der Schildkröte nur noch 3 bis 5 Mal in der Minute. Auch atmet das Tier dann wesentlich seltener, da der Sauerstoffbedarf in diesem Zustand stark herabgefahren wird.
Geregelt werden diese Vorgänge durch die „innere Uhr“ der Schildkröten. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass die Schildkröte überwintern will:
- Fehlendes Vitamin D3 durch weniger UV-B-Strahlung. Dadurch kann das Tier verschiedene Hormone nicht mehr bilden und kein Kalzium.
- Abnehmendes Tageslicht lässt auch die Produktion von Serotonin sinken. Dieses Hormon regelt im Organismus unter anderem das Darmnervensystem und das Herz-Kreislauf-System. Im Gehirn beeinflusst es bestimmte Regionen, die den Appetit regulieren.
- Ist die Umgebung dunkel, wird dafür mehr Melatonin gebildet. Dieses Hormon steuert den Tag-Nacht-Rhythmus.
- Das Zuckerhormon Glucocorticoid stimuliert den Stoffwechsel und lässt Schildkröten von der Ruhe- in die Aktivitätsphase übergehen.
So fühlt sich Ihr gepanzerter Freund im Winter wohl
Ist für Schildkröten der Winterschlaf im Freien ratsam? Oder sollten sie besser im Keller überwintern? Ist vielleicht die Garage der beste Ort für die Winterstarre der Schildkröte?
Im Winter heißt es für Schildkröten: ab in die Box oder den Kühlschrank!
- Wird das Tier normalerweise im Terrarium gehalten, sollten Sie innerhalb von drei Wochen das Licht und die Temperatur schrittweise reduzieren. Stellen Sie in dieser Zeit auch die Fütterung ein. Trinkwasser jedoch sollte weiterhin bereit stehen. Lassen Sie Ihre Schildkröte in lauwarmem Wasser baden. Das hilft ihr, den Darm zu entleeren.
- Nimmt die Aktivität der Schildkröte weiter ab, fühlt sie sich in einer Überwinterungskiste am wohlsten. Die sollte so groß sein, dass sich die Schildkröte komplett darin eingraben kann.
- Dazu füllen Sie die Kiste mit Erde und geben eine Mischung aus Buchenlaub und Moos darauf. So wird die nötige Feuchtigkeit am besten gespeichert.
- Damit sich kein Schimmel bildet, muss die Kiste natürlich stets gut durchlüftet werden.
- Die Überwinterungsbox mit der Schildkröte zum Überwintern wird an einen möglichst dunklen Ort aufgestellt. Die Temperatur dort sollte konstant bei 4-6 Grad liegen.
- Reptilienexperten haben meist einen separaten Kühlschrank, in dem sie ihre Schildkröte überwintern lassen. Das hat den Vorteil, dass sich die Temperatur genau einstellen und kontrollieren lässt. Wird der Kühlschrank zudem mehrmals in der Woche für einen kurzen Augenblick geöffnet, bleibt auch die Sauerstoffzufuhr garantiert.
- Zur Kontrolle sollte die Schildkröte zirka alle vier Wochen gewogen werden. Insgesamt darf sie während der Winterruhe nicht mehr als zehn Prozent ihres Körpergewichts verlieren.
- Soll die Winterstarre der Schildkröte im Keller, auf dem Balkon oder in der Garage stattfinden, könnten einige Probleme auftauchen. Denn meist ist die Temperatur an solchen Orten nicht wirklich gleichmäßig. Wird die Schildkröte im Garten oder im Frühbeet eingegraben, kann schnell mal Frost den Boden durchdringen. Andererseits kann die Temperatur an sonnigen Tagen auch im Winter so ansteigen, dass die Schildkröte aus der Starre erwacht und aus dem sicheren Versteck gelockt wird.
- Wird es im Frühjahr draußen wieder wärmer, erhöhen Sie die Umgebungstemperatur langsam über einige Tage hinweg. Und wenn es Zeit ist, ganz aufzuwachen, helfen warme Wasserbäder, das Panzertier wieder quicklebendig werden zu lassen.